Wie geht’s weiter?  – Die Hafenbar Tegel in Zeiten von Corona und Masken

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Hafenbar Tegel ©ALTAMANN
Hafenbar Tegel ©ALTAMANN

Daniel Schüler navigiert als Kapitän, einen der wenigen Live-Clubs im Norden der Stadt durch die Unbilden der Berliner Musikszene. Mit der Hafenbar Tegel, direkt am Tegeler See, haben er und seine Mannschaft eine echte Adresse für Bands in Berlin geschaffen, ihr Können vor Publikum zu präsentieren.

Aber natürlich ist die Corona-Pandemie auch ein Thema für die Hafenbar. Auch sie ist, wie all die anderen Berliner Clubs vom ‚Lock down‘ der Berliner Live-Music-Locations betroffen. Im Moment weiß so gut wie niemand, wann es für die weitergehen wird, die es möglich machen Berliner und Internationale Acts für einen erträglich Preis zu genießen und vor allem wie.

Was macht das mit den Menschen, die im Normalfall für eine Seite Berlins zuständig sind, die diese Stadt so anziehend macht, nämlich das Musikgeschehen. Wie sieht die Vorbereitung darauf aus, wenn es heißen wird weiter geht’s. Was haben sie geplant? Was wird anders? Wie geht es den Menschen, die in dieser Branche arbeiten? Und macht das überhaupt noch Spaß daran zu denken, wie es werden könnte, wenn man wieder öffnen darf?

Das wollte der ALTAMANN wissen. Aus diesem Grund hat er sich mit Daniel Schüler von der Hafenbar Tegel getroffen und versucht ihm ein paar Worte über die zurückliegenden Wochen, die Zukunft der Location und über das Befinden des Teams der Hafenbar zu entlocken.

Und selbstredend haben wir dabei genau darauf geachtet, dass ‚Social Distancing‘ einzuhalten. Nur falls jemand fragen sollte. 😉

ALTAMANN: Als erstes interessiert den ALTAMANN natürlich, in welchem Zustand sich du und dein Team befinden. Wie fühlt ihr euch, nach der langen Zeit in der ihr nichts machen durftet? Wollt ihr überhaupt weitermachen?

Daniel Schüler: In erster Linie kann ich natürlich nur von Justine und mir sprechen. Uns geht es den Umständen entsprechend gut. Man kommt über die Runden und mittlerweile hab ich mich zwangsläufig mit der Situation arrangiert. Ich habe festgestellt, dass nachdem ich sämtliche emotionalen Situationen durch hatte, weder Frust noch Hoffnung oder sonst irgendetwas, irgendwie Bestand hat. Schließlich ändert sich die Situation der Pandemie, vor allem die Verordnungen, gefühlt täglich. Also habe ich mir gesagt: abwarten und Tee trinken (oder auch Bier) 😉 .

Was ich von Julian, Cheevy und Peter gehört habe, geht es ihnen ähnlich. Man hat halt viel Freizeit und kümmert sich um Dinge, die sonst liegengeblieben wären.

Zu der Frage, ob wir noch weitermachen wollen: ja klar, natürlich, lieber gestern als heute. Aber, und das habe ich auch so mit meinem Chef (die Hafenbar Tegel gehört ja zu den Tegeler Seeterrassen) besprochen: wir werden nichts überstürzen sondern die Hafenbar mit System wiedereröffnen.

Ich denke, wir funktionieren nur mit Live-Musik. Also werden wir abwarten, bis Konzerte wieder erlaubt sind und dann ganz genau auf die Beschränkungen schauen. Denn sollten aufgrund der Abstandsregelungen etc. nur 20-30 Leute in die Hafenbar passen, macht das wirtschaftlich keinen Sinn. Dann fährt man günstiger, wenn man noch die eine oder andere Woche wartet. Ich glaube mein Chef wäre nicht sehr glücklich, wenn er nach der langen Schließung den Umsatz, den er gerade mit dem Restaurant erwirtschaftet, direkt in die Hafenbar stecken muss.

Du merkst also, aktuell arbeiten wir viel mit dem Konjunktiv zusammen, was eine sinnvolle Planung sehr schwierig macht.

Nichtsdestotrotz schauen wir optimistisch in die Zukunft, da wir hoffen, dass die Seeterrassen, und somit die Hafenbar, die Pandemie mit eineinhalb blauen Augen überstehen werden und wir dann irgendwann wieder durchstarten können. Das da auf jeden Fall Bedarf besteht, zeigen die überwältigenden Resonanzen und Nachrichten unserer Gäste und Bands.

Netzwerke sind immun gegen Corona

ALTAMANN: Das klingt, eure persönliche Situation betreffend ja zumindest erfreulich sachlich und dem Ist-Zustand angepasst. Und die Hafenbar scheint, die viel zu oft anliegende Existenzangst im Kulturbereich, durch die Kombination mit den Tegeler Seeterrassen, glücklicherweise nicht mit voller Wucht zu treffen. Zumindest scheint die direkte Existenzbedrohung in eurem Fall abgewendet. Das hört man gerne!

Sharped Dressed People – V.l.n.r: ALTAMANN, Pete Smith, Eve und Paul Be

Aber was denkst du, wie wird die Hafenbar Tegel als Musik-Club die zurückliegende Zeit verkraften? So wie ich das sehe, war die Hafenbar ja auf einem sehr guten Weg, in der Berliner Live-Musik-Szene ein nicht mehr wegzudenkender Baustein zu werden und hatte sich unter Musikern einen ordentlichen Ruf aufgebaut. Auch sind im letzten Jahr immer mehr auswärtige und internationale Gäste am Tegeler See aufgeschlagen. Die angekündigten Konzerte hatten auch einen äußerst interessanten Eindruck hinterlassen bis ihr sie Canceln musstet. Denkst du, dass diese positive Entwicklung der Location einen nachhaltigen Knacks abbekommen wird durch diesen langen ‚Lock down‘? Ist da für diese Konzertsaison noch was zu retten und wie reagieren die einheimischen und auswärtigen Musiker auf diese ganze Situation?

Daniel Schüler: Naja, ich denke das sind zwei unterschiedlichen Punkte.

Gerade, was die Bands betrifft, haben wir schon mittlerweile ein ziemlich gutes Standing bei den Managements und Bookern aufgebaut. Das merke ich daran, dass nach wie vor auch diverse Anfragen von internationalen Bands kommen, von denen ich auch schon einige für 2020 und 2021 gebucht habe. Da sieht man, dass Netzwerke zum Glück immun gegen Corona sind

Der zweite, noch wichtigere Aspekt ist das Publikum, denn damit steht und fällt jeder Laden. Die Band kann noch so gut sein… wenn keiner kommt, ist das auf Dauer auch nicht tragbar. Und da ist der Punkt, der mir etwas Sorgen bereitet, denn gefühlt beginnen wir hier bei Null.

Auch, wenn ich glaube, dass viele Leute sich nach Konzerten sehnen, steht immer noch die Frage im Raum, ob sie sich schon auf solche Veranstaltungen ‚trauen‘, welche Auflagen dabei erfüllt werden müssen etc.. Das ist wirklich eine große Unbekannte… Vom Gefühl her würde ich sagen, dass es ab dem ‚Restart‘ 6-12 Monate dauert, bis es konstant wieder so läuft, wie bis zum 14.03.2020 als wir schließen mussten.

ALTAMÄNNER unter sich

Unser Vorteil ist allerdings, dass wir ab dem Zeitpunkt, wo wir wieder loslegen, ein komplett durchgestaffeltes Programm haben. Wir waren ja schon im Oktober 2019 für 2020 ausgebucht. Und da wir nur die Veranstaltungen absagen, die definitiv ausfallen, starten wir wieder von Null auf Hundert. Glücklicherweise konnte ich auch einige der internationalen Bands, die der Corona Krise zum Opfer gefallen sind, auf den Herbst 2020 bzw. in das Jahr 2021 verschieben.

Am Konzept gibt’s nichts zu rütteln

ALTAMANN: Habt ihr von eurem Bezirksamt schon irgendwelche Informationen darüber bekommen, wie man sich eine eventuelle Durchführung von Konzerten in geschlossenen Räumen in Reinickendorf vorzustellen hat? Gibt es da schon konkrete Überlegungen, Vorgaben oder so etwas? Macht ihr euch schon darüber Gedanken?

Daniel Schüler: Bei mir persönlich kam in dieser Form noch nichts an. Vielleicht bei den Seeterrassen… Aber ich denke, dann hätte mein Chef mit mir darüber gesprochen.

Ansonsten versuche ich mich immer über die aktuellen Verordnungen vom Berliner Senat sachkundig zu machen. Wobei die, aus meiner Sicht, stellenweise einfach zu allgemein verfasst sind. Aber das ist vielleicht auch nur mein Empfinden…

Und ganz klar machen wir uns schon Gedanken, wie wir bei einem ‚Restart‘ das Wohlbefinden der Gäste und Musiker auf ein Maximum erhöhen können. Das geht dann über Anwesenheitslisten, maximale Gästeanzahl etc. Aber konkret können wir erst werden, wenn man überhaupt erstmal weiß, was letztendlich die Auflagen für eine Wiedereröffnung sind.

V.l.n.r.: Daniel Schüler, Justine Jeschke und Julian Thelitz

ALTAMANN: Du und dein Team, ihr hattet viel Zeit während des ‚Lock down‘ um darüber nachzudenken, ob ihr in der Hafenbar Tegel oder am Konzept etwas ändern wollt, Dinge anders machen oder gibt’s die gute alte Hafenbar Eins zu Eins zurück?

Daniel Schüler: Natürlich hat man in solchen Zeiten auch die Möglichkeit, das Konzept an sich zu überdenken. Ich bin aber der Meinung, da gibt es nichts dran zu rütteln. Wir sind im Berliner Norden mehr oder weniger die einzige Location, die Live Musik in dieser Vielfalt anbietet. Und das werden wir auch beibehalten, eher noch ausbauen.

Im Sinne meines Chefs und dem langen Fortbestand der Hafenbar, werden wir intern allerdings einige Abläufe neu organisieren um effizienter zu arbeiten. Ich denke die Zeit nach Corona ist keine Zeit um Geld auszugeben, dass man auch einsparen könnte…

ALTAMANN: ‚By the way‘, wie steht es eigentlich um das Projekt – Es war einmal in West-Berlin… – ? So ein Event zusammen zu kriegen war ja nicht einfach, wenn ich mir anschaue wer da alles auftreten sollte. Gibt es Hoffnung für die alten Rockfreaks, diese Show noch erleben zu können?

Daniel Schüler: Ja, die Hoffnung gibt es definitiv. Leider ist ja unser erster angedachter Termin, der 15.03.2020, direkt mit dem Lockdown zusammengetroffen, weswegen wir das Projekt auf unbestimmte Zeit verschieben mussten.

Cheevy Schiewack

Ich habe aber zwischenzeitlich mit allen Beteiligten, von Potsch Potschka (Spliff), Arno Koch (Bel Ami) über Ralf ‚Trotter‘ Schmidt von Interzone bis hin zu Jim Rakete Rücksprache gehalten und allen ist es ein großes Anliegen, bei einem Nachholtermin auch dabei zu sein. Aber in diesem Fall verhält es sich wie mit der Hafenbar: Lieber warten wir etwas länger mit einem neuen Termin und machen es dann richtig, als dass wir es überstürzen und das Konzept verbrennen. Das macht keinen Sinn…

Es ist nur noch eine Frage der Zeit

ALTAMANN: Du hast es ja bereits kurz angesprochen, dass sowohl Gäste als auch Bands den Kontakt zu euch aufrechterhalten haben. Wie hat sich das bemerkbar gemacht?

Daniel Schüler: Dass über sämtliche Kanäle Nachrichten kamen, die zwar natürlich auch mit der Hafenbar zu tun hatten, aber viel persönlicher waren als sonst. Da ging es hauptsächlich um das Befinden, wie es uns geht, wie es den Musikern geht, wie man über die Runden kommt. Es war und ist ein großer Zusammenhalt und insgesamt sehr viel Solidarität spürbar.

ALTAMANN: Wie sehr brennt es dir und deiner Mannschaft unter den Nägeln, endlich wieder öffnen zu können?

Daniel Schüler: Schon sehr… wir würden natürlich lieber gestern als heute öffnen. Aber wie schon erwähnt, müssen wir uns auf einen sinnvollen Neustart konzentrieren und dürfen nichts überstürzen.

ALTAMANN: Möchtest du den Fans bis zum Wiedersehen noch etwas mit auf den Weg geben oder was loswerden? Kann ja vielleicht noch ein wenig dauern.

V.l.n.r. ALTAMANN, Eve und Daniel

Daniel Schüler: Ja, dass sie bitte noch ein wenig Geduld haben sollen und uns treu bleiben. Wir werden alles daran setzen, die Hafenbar schnellstmöglich wiederzueröffnen und dann richtig durchstarten. Vom Gefühl her stehen die Vorzeichen dafür recht gut, es ist nur noch eine Frage der Zeit…

ALTAMANN: Ich drücke der Hafenbar ganz fest die Daumen und glaube, ich werde damit nicht der einzige sein. Herzlichen Dank für dieses Gespräch, Daniel. Wir sehen uns, ‚down by the Sea’… 😉

Der ALTAMANN ist auch auf Facebook zu finden – 😉

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